Immer nur derselbe Brei?!

Der erste Brei, ein Erlebnisbericht zwischen Nervenkitzel und Sentimentalität

Wann habt ihr das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Erinnert ihr euch? Ich muss gerade ziemlich überlegen, doch so richtig fällt mir nichts ein.

Im Erwachsenenalter kann uns nichts mehr so schnell überraschen. Die erste große Liebe, der erste Liebeskummer, der erste Schwips, die erste Wohnung, das alles haben wir meistens bis hierhin schon erlebt. Nur noch selten entdecken wir etwas völlig Unbekanntes. Und dann kehrt schnell die Gewohnheit ein. Old News., wie man so schön „neudeutsch“ sagt. Laaaangweilig.

Anders ist das bei unseren Minis. Meine kleine Rakete feiert andauernd Premieren. Das erste Lächeln, der erste Zahn, die erste Drehung. Bäm! Bäm! BÄM! Stets kommt etwas Neues dazu. Das ist ziemlich aufregend, nicht nur für ihn, auch für mich. Ich entdecke die Welt gleich noch einmal mit und das aus einer ganz besonderen Position, nämlich aus der Pole-Position. Immer in der ersten Reihe.

Letzte Woche war Uraufführung des Breis. Möhre um genau zu sein. Mit Möhren in Saft- oder Breiform kann man mich ja jagen, aber das bleibt mal schön unter uns!

Tag 1, zur Premierenfeier habe ich neben dem Stargast auch noch meine Mama und meine Schwester geladen. Wie nett von mir! Ich teile diesen wichtigen Meilenstein. Man könnte aber auch sagen, ich fühle mich besser wenn wir ihm zahlenmäßig überlegen sind.
Perfekte Rollenaufteilung. Eine hält den kleinen Zappelphillipp fest, eine füttert, und eine filmt. Ist ja wohl klar! Wenn er später mal ganz berühmt wird und sein Biograph nach den Bild- und Tonaufnahmen des ersten Breis fragt, will ich mir nichts vorwerfen lassen.

Erste Berührung mit der Materie Brei klappt ganz gut. Doch Begeisterung sieht irgendwie anders aus.

Tag 2, diesmal ist meine Freundin Jule zu Besuch. Ich nutze die Gelegenheit und verdonnere sie zum Baby-Festhalten. Auf das Filmteam verzichten wir diesmal, ich bitte um Nachsicht.
Das Schnäbelchen geht zwar auf, doch der angewiderte Ausdruck ist in das kleine Gesicht gemeißelt. Der Arme! Ich kann das so gut verstehen, aber Möhre ist in unseren Gefilden nun mal der Klassiker für kleine Einsteiger. Da könnte es unsere Babys auch schlechter treffen. Bei den Inuits (oder auch Eskimos, das sag ich aber nicht, wegen political correctness und so) gibt es als erste Beikost rohen Fisch, der von den Eltern vorgekaut wird! (Das nur als kleiner Fun-Fact am Rande. Soll keiner sagen, dass man hier nix lernt.) So und nun will ich kein Gejammer mehr hören!

Tag 3, ich werde übermütig und wage mich alleine ran. Leben am Limit, Freunde!
Klappt so mittelgut. Wie viel Möhre am Ende in dem kleinen Bauch landet weiß ich nicht. Aber sehr viel klebt an den Händchen, dem Spucktuch, auf dem Lätzchen, in den Halsfalten (seinen, nicht meinen), dem Stuhl, dem Fußboden, ein bisschen Teppich (Hupps), ein bisschen Tapete (Doppel-Hupps) und eine beträchtliche Menge in meinem Gesicht. Ein Blick in den Spiegel zeigt mir, dass ich mittlerweile aussehe wie eine Mischung aus Donald Trump und Kader Loth. Orange mit verschmierter Wimperntusche.

Wer hätte Gedacht, dass der Möhrenbrei sich zu einem solchen Nervenkitzel entwickelt? Nicht nur das, er macht mich auch unglaublich wehmütig …

5,5 Monate vorher. Der erste große Auftritt liegt hinter meinem Baby. Was für ne Wahnsinnsshow! Ich erspare euch an dieser Stelle die Details.
Jetzt liegen wir beide in einem Krankenhausbett der Uniklinik Leipzig. Wir sind ganz alleine. Es ist mitten in der Nacht und außer dem Flurlicht, was durch den Türschlitz fällt, ist nichts zu sehen. Draußen regnet es in Strömen, ein richtiges Sommergewitter, ein herrliches Geräusch! Ich bin so wach und aufmerksam, wie man es nur sein kann, wenn man etwas ganz Aufregendes erlebt hat. Auf mir liegt mein Baby. Mein Sohn. Mein ein und alles. Er schläft ganz fest und ich versuche diesen Moment mit allen Sinnen aufzusaugen. Woran ich mich jetzt noch am besten erinnere kann sind aber nicht die Geräusche oder sein Anblick, es ist sein Geruch. So süß und warm, wie Vanillepudding.

Zurück im Möhrchen-Massaker. Der kleine Prinz ist satt und grinst mich mit seinen zwei Zähnchen an, und meine Nase nimmt plötzlich diesen anderen Geruch wahr. Nicht mehr Vanille, sondern Karotte.

Oh je, wie schnell das alles geht!

Eine Floskel, die man tausendmal hört und dessen wahre Bedeutung erst mit der Wucht einer Abrissbirne einschlägt, wenn man mittendrin steckt im Mamasein.

Wann ich das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht habe? Ich bin Mutter geworden. Und wie es bis jetzt aussieht, ist das etwas woran man sich nicht so schnell gewöhnt.

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„Hier koch die Chefin noch selbst. Bitte kommen Sie trotzdem.“

10 Kommentare zu „Immer nur derselbe Brei?!

  1. Wir waren vor dem ersten Brei sooo aufgeregt! Und was macht der kleine Mann beim ersten Kontakt mit pürierter Möhre? : Er zieht angewidert die Augenbrauen zusammen und schiebt alles wieder raus aus dem kleinen Mündchen. 3 Wochen später (und nach einem Umstieg auf Kürbis) spachtelt er mit Begeisterung alles weg was ich ihm anbiete. Kürbis, Pastinake und Süßkartoffel. Und zwar in rauen Mengen! Ich werd bald nochmal versuchen ihn mit Möhre zu konfrontieren. 🙂 Durchhalten – das wird!

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  2. Oh ich empfehle Apfelbrei. (Weniger Flecken, die kleinen sind durch die Milch eh auf mega süß geprägt und dm hat in großen Gläsern reines Apfelmark ). ansonsten gibt es auch weiße Karotte 😁für die Spucker oder Pastinake. (Ich Teebeutel)

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    1. Du bist ein ganz willkommener Teebeutel! 🙂 Vielen Dank für deine lieben Tipps. Apfel und Pastinake wird als nächstes getestet. Die weiße Karotte ist gestern im Feldversuch gewesen, kam super an.

      Ich freue mich über die Life-Hacks der erfahrenen Mamis!

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